Wien (OTS) – Wien, 1. Dezember 2025 – Das Europäische Parlament hat
am 27.
November 2025 die schwerwiegenden Verstöße der Islamischen Republik
Iran gegen die Bahá’í „aufs Schärfste verurteilt“. In einer
beispiellosen Dringlichkeitsentschließung prangerte es mehr als 45
Jahre systematischer Verfolgung an und forderte die europäischen
Entscheidungsträger auf, diese Besorgnis unmittelbar an die iranische
Regierung zu übermitteln.
Die mit 549 Stimmen angenommene Resolution dokumentiert unter
anderem das Fehlen verfassungsrechtlicher Anerkennung, willkürliche
Verhaftungen, Verschleppungen, die Verweigerung würdiger
Bestattungen, Eigentumsbeschlagnahmungen sowie den systematischen
Ausschluss von Bildung.
Ebenso verurteilt sie staatlich geschürte Hasskampagnen.
Besonders hervorgehoben wird ein 1991 vom Obersten Führer der
Islamischen Republik unterzeichnetes Memorandum, das ausdrücklich
festlegt, den „Fortschritt und die Entwicklung“ der Bahá’í
systematisch zu blockieren.
Die Entschließung erfolgt nur wenige Tage nach der Verurteilung
der „kumulativen“ Auswirkungen der Verfolgung von Minderheiten durch
die UN-Generalversammlung, die ihre besondere Besorgnis über die Lage
der Bahá’í deutlich zum Ausdruck brachte.
„Wir begrüßen diese historische Entscheidung des Europäischen
Parlaments. Die europäischen Staaten und EU-Institutionen
unterstützen seit Jahrzehnten die Rechte der iranischen Bahá’í, und
in den vergangenen Jahren hat diese Unterstützung an Stärke und
Entschlossenheit gewonnen, da die Verfolgung weiter zugenommen hat“,
sagte Alessandro Benedetti, Vertreter der Bahá’í International
Community bei den EU-Institutionen in Brüssel.
Auch die österreichische Bahá’í-Gemeinde unterstreicht die
Bedeutung dieser Resolution. „Dass sie mit einer so eindrucksvollen
Mehrheit angenommen wurde, verleiht ihr zusätzliches Gewicht. Die
Erwartung des Europäischen Parlaments an die iranischen Behörden ist
klar: Sie müssen die systematischen Verletzungen grundlegender Rechte
beenden und den Bahá’í jene Rechte garantieren, die ihnen nach
internationalem Recht zustehen – wie Abgeordnete aus
unterschiedlichen politischen Horizonten in der Debatte am Vortag der
Abstimmung betont haben“, erklärte Isma Forghani,
Menschenrechtsbeauftragte der Bahá’í in Österreich.
Mehrere Europaabgeordnete stellten sich in Straßburg klar an die
Seite der Bahá’í und äußerten sich eindringlich zur dramatischen
Lage.
Der österreichische Abgeordnete Helmut Brandstätter hob hervor:
„Über 1 200 Menschen wurden 2024 allein wegen ihres Glaubens
verfolgt, eingeschüchtert, inhaftiert. Zwei Drittel der Inhaftierten
sind Frauen. Sie erleben Folter, unfaire Prozesse, jahrzehntelange
Haftstrafen. Friedhöfe werden geschändet, Eigentum konfisziert,
Familien zerrissen. (…) Unsere Botschaft ist sehr klar: Die Bahá’í
sind nicht allein! Die Frauen im Iran sind nicht allein! Die
Prinzipien der Bahá’í sind Harmonie und Freiheit – das wünschen wir
allen Menschen im Iran.“
Lukas Mandl, ebenfalls österreichischer Abgeordneter, ergänzte:
„Ich bin mir sehr bewusst, dass die Bahá’í und andere religiöse
Minderheiten heute stärker denn je bedroht sind.“
Die deutsche Europaabgeordnete Hannah Neumann, Vorsitzende der
Delegation für die Beziehungen zum Iran, erklärte: „Ein Staat, der
Menschen wegen ihres Glaubens oder Geschlechts inhaftiert, ist nicht
stark, sondern verängstigt. Ein Regime, das Bahá’í-Häuser
beschlagnahmt, ist nicht mächtig, sondern zeigt nur, wie brüchig
seine eigenen Mauern geworden sind.“
Die tschechische Abgeordnete Danuše Nerudová bezeichnete die
Verfolgung als „fortdauerndes Muster der Tyrannei“ und als „Versuch,
die Geschichte und Identität einer ganzen Gemeinschaft auszulöschen“.
Die schwedische Europaabgeordnete Evin Incir fügte hinzu, die
Politik des Iran sei „gezielte Verfolgung“ und „ein vom Staat
inszeniertes Verbrechen gegen die Menschlichkeit“.
Die slowakische Abgeordnete Miriam Lexmann würdigte die Bahá’í
als „Vorbild für Menschen auf der ganzen Welt, weil sie trotz
Verfolgung und Ungerechtigkeit einander und ihre Mitbürger mit großem
Mut und Widerstandskraft unterstützen“.
„Europa muss sich für die Bahá’í einsetzen“, sagte auch Nerudová,
„und für alle Angehörigen religiöser Minderheiten“.
Der maltesische Abgeordnete Daniel Attard betonte: „Worte ohne
Konsequenzen schützen niemanden. Wenn der Iran Anerkennung und
Grundrechte verweigert, muss die EU mit echtem Druck reagieren.“
In ihrer Antwort auf die Debatte bekräftigte EU-Kommissarin Maria
Luís Albuquerque, dass die EU „weiterhin ihre Stimme erheben und den
Iran dazu auffordern wird, die Achtung der Grundfreiheiten für alle
zu gewährleisten – einschließlich der Mitglieder der Bahá’í-Gemeinde
und anderer ethnischer und religiöser Minderheiten im Land“.
Die Dringlichkeitsentschließung fordert die sofortige Beendigung
von Diskriminierung, Schikanen, willkürlichen Inhaftierungen und
Eigentumsbeschlagnahmungen. Bahá’í, die aufgrund ihres Glaubens
festgehalten werden, sollen „unverzüglich“ freigelassen werden.
Mit „tiefer Besorgnis“ weist das Parlament darauf hin, dass
inzwischen mehr als die Hälfte der angeklagten Bahá’í Frauen sind –
darunter auch PEN-Austria-Ehrenmitglieder Mahvash Sabet und Fariba
Kamalabadi. Der Iran müsse beschlagnahmte Vermögenswerte zurückgeben,
wirtschaftliche Schäden entschädigen sowie Zugang zu Bildung und
Beschäftigung gewährleisten. Ebenso fordert das Parlament ein Ende
der Schändungen von Friedhöfen. Darüber hinaus verlangt es gezielte
Sanktionen gegen Richter, Staatsanwälte und Geheimdienstbeamte, die
für die Verfolgung verantwortlich sind.
Die Resolution reiht sich in eine Serie unübersehbarer
europäischer Signale ein: Drei Resolutionen aus den Jahren 2024 und
2025, mehrere parlamentarische Anfragen auf EU-Ebene sowie eine
gemeinsame Erklärung von 125 Abgeordneten zeigen, dass sich in Europa
ein deutliches menschenrechtliches Bewusstsein formiert.
„Unter den Unterzeichnerinnen und Unterzeichnern finden sich
zahlreiche österreichische Mandatarinnen und Mandatare – darunter
Petra Bayr, Meri Disoski, Johannes Gasser, Elisabeth Götze, Markus
Hofer, Wolfgang Kocevar, Stephanie Krisper, Gudrun Kugler, Robert
Laimer, Sigrid Maurer, Barbara Teiber und Sophie Marie Wotschke –,
die sich mit bemerkenswerter Konsequenz für die Rechte von Bahá’í-
Frauen einsetzen“, betonte Isma Forghani.
Ein weiteres Signal setzte die parlamentarische Anfrage auf EU-
Ebene „Staatlich gebilligte Aufstachelung zum Hass und systematische
Drangsalierung der Bahá’í im Iran“. Sie wurde am 15. Oktober 2025 von
sieben Abgeordneten eingebracht, darunter die österreichischen
Mitglieder Günther Sidl, Lukas Mandl und Helmut Brandstätter.
Bereits im April 2025 hatte der Rat der Europäischen Union ein
Menschenrechtssanktionspaket verabschiedet, das die Verfolgung der
Bahá’í im Iran erstmals ausdrücklich ins Zentrum rückt.
„Dieses entschlossene Engagement gegen die systematische
Unterdrückung der Bahá’í, in Europa wie in Österreich, stärkt die
Hoffnung, dass der Iran dem Appell folgen wird, die Menschenrechte
all seiner Bürger zu achten, einschließlich jener Bahá’í, die seit
nahezu einem halben Jahrhundert schwerer staatlicher Repression
ausgesetzt sind“, erklärte Forghani abschließend.