Innsbruck/Tirol (OTS) – Tirols Landeshauptmann Anton Mattle forderte
zuletzt eine „Reform der
Reform“ und sieht die Entscheidungen zur angekündigten
„Patientenmilliarde“ von Türkis-Blau aus 2019 in Summe als Fehler.
„Rückblickend zu erkennen und einzugestehen, dass an der
Krankenkassenreform unter der türkisen ÖVP und der FPÖ bei Weitem
nicht alles gut oder eine Verbesserung des Gesundheitssystems in
Österreich war, ist ein wichtiger, ehrlicher Schritt von
Landeshauptmann Mattle. Die Verteidiger dieser Reform beziehen sich
in ihrer Kritik an Mattles Aussagen allesamt nicht auf das
Wesentliche: Es braucht wieder mehr Kompetenzen der Österreichischen
Gesundheitskasse in den Bundesländern, um die Nähe zu Patient:innen
als auch zu den Dienstleister:innen und Partner:innen vor Ort wieder
herzustellen“, stellt sich AK Präsident Erwin Zangerl hinter LH
Mattle.
Zwtl.: Patient:innen müssen im Fokus stehen
AK Präsident Erwin Zangerl gilt seit Ankündigung der
„Patientenmilliarde“ als Kritiker der Krankenkassenreform und hat
sich bereits vor dieser Entscheidung gegen die Linie seiner Partei
unter Kurz gestellt. Vorwürfe an Mattle, im Retourgang in die
Vergangenheit zu wollen und mit der „Reform der Reform“ generell den
Status vor 2021 anzustreben, weist AK Präsident Erwin Zangerl zurück:
„Wir stehen seit jeher in engem Austausch mit den Verantwortlichen
der Krankenkassen und haben vehement darauf hingewiesen, dass diese
Reform – besonders betreffend die ÖGK – nicht den Patient:innen
zugute kommen wird. Trotzdem geht es heute nicht darum, den
Entscheidungen der Vergangenheit nachzutrauern, sondern die messbaren
Folgen der Reform richtig einzuschätzen, um eine neue, tragfähige
Strategie für die ÖGK zu entwickeln, die die Verbesserung der
Situation der Patient:innen zum Ziel hat – und nichts anderes hat
Landeshauptmann Mattle gefordert.“
Kritik, die Mattle den Wunsch nach einer Rückkehr zum System mit
21 Krankenkassen unterstellt, kann AK Präsident Erwin Zangerl nicht
nachvollziehen. Ebenso wie die jüngsten Forderungen von LH Mattle
bezieht sich Zangerls Kritik an der Reform auf die ÖGK, deren
Strukturen massiv beeinträchtigt wurden. Der AK Präsident appelliert
einmal mehr an die Verantwortlichen, Fehler der Reform anzuerkennen
und diese schnellstmöglich zu korrigieren: „Es kann nicht sein, dass
sich die Bedingungen für Patient:innen stetig verschlechtern und die
Konditionen für die gesetzliche Krankenversicherung nur mehr in Wien
besprochen, entschieden und den Verantwortlichen in den Bundesländern
mitgeteilt werden. Die Landesstellen der ÖGK müssen wieder ein
Mitspracherecht, Verantwortung und Entscheidungskompetenzen erhalten
– auch in fusionierten Systemen muss dies möglich sein! Die Nähe zu
Patient:innen, aber auch zu Dienstleister:innen vor Ort in den
Ländern ist ein großer Vorteil, der durch die Zentralisierung der
Entscheidungsebenen nach Wien verloren gegangen ist.“
Zwtl.: Demografische Entwicklung kein Grund für schlechte
Rahmenbedingungen
Dass der Vorsitzende im Dachverband der Österreichischen
Sozialversicherungen, Peter McDonald, in einer Aussendung unter
anderem die demografische Entwicklung als Begründung der rasch
steigenden Gesundheitsausgaben anführt, lässt AK Präsident Erwin
Zangerl so nicht stehen: „Dass die sogenannte ‚Boomer-Generation‘,
welche von McDonald für prognostizierte steigende Ausgaben in den
kommenden Jahren verantwortlich gemacht wird, über deren gesamtes
Arbeitsleben in die Kassen eingezahlt hat und sich somit die nun bei
Bedarf anfallenden Leistungen redlich verdient hat, entspricht dem
Prinzip des österreichischen Sozialsystems. Dementsprechend haben
diese geburtenstarken Jahrgänge jahrzehntelang hohe Summen ins System
eingezahlt und sollten sich jetzt auch erwarten dürfen, im
Krankheitsfall ein faires Leistungssystem in Anspruch nehmen zu
können. Bereits seit 1. Juni müssen außerdem all jene, die bereits
Pension beziehen, höhere Krankenversicherungsbeiträge abführen – 200
Millionen Euro sollen in 2025 so zusätzlich in die Kassen geschwemmt
werden, ab 2026 sollen es 400 Millionen Euro jährlich sein. Bis Ende
2027 finanzieren Pensionist:innen, die bereits jahrzehntelang als
Erwerbstätige Sozialabgaben bezahlt haben, somit die erste
tatsächlich messbare Patientenmilliarde!“ Dass diese Erhöhung der
Versicherungsbeiträge unnötig wäre, würden die Verantwortlichen der
ÖGK konsequent Außenstände eintreiben, hat AK Präsident Erwin Zangerl
bereits im April festgestellt. Damals beliefen sich die Außenstände
der ÖGK auf 908 Millionen Euro (siehe:
https://tirol.arbeiterkammer.at/oegk )!
Abschließend hält AK Präsident Erwin Zangerl fest, dass
Landeshauptmann Mattle mit seiner Kritik an der Reform vollkommen
recht habe und sein Vorstoß zu unterstützen sei, denn: „Es braucht
schnellstmöglich spürbare Veränderungen im Gesundheitssystem. Daher
müssen ineffiziente Maßnahmen der Krankenkassenreform erkannt,
beurteilt und verbessert werden. Ob dies ein ‚Zurück‘ zum System vor
der Reform bedeutet oder neue, bessere und patientenfreundlichere
Lösungen gefunden werden können, müssen Expert:innen im Gesundheits-
und Sozialsystem mit politisch Verantwortlichen in Bund und Ländern
entscheiden.“