Wien (OTS) – Der Unabhängige Beirat der EBM hat am 21. Oktober 2025
seine
Empfehlung Nr. 3 an den Bundesminister für Inneres, Gerhard Karner,
ausgesprochen. Kern der Empfehlung: Es muss sichergestellt sein, dass
Misshandlungsvorwürfe gegen die Polizei wirksam und ausschließlich
durch eine geeignete Stelle untersucht werden – wie es die Judikatur
des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) verlangt.
Utl: Untersuchungslücken bei „Ziffer-3“-Fällen
Bei seiner begleitenden Kontrolle musste der EBM-Beirat
feststellen, dass eine wirksame Untersuchung von
Misshandlungsvorwürfen nach § 4 Abs 5 Z 3 BAK-G – also Delikten
unterhalb der Strafrechtsschwelle – derzeit nicht garantiert ist.
„Diese ‚Ziffer-3‘-Fälle werden als Dienstpflichtverletzung ermittelt.
Das Disziplinarrecht eignet sich für Untersuchungen in
Übereinstimmung mit völkerrechtlichen Vorgaben aber nur bedingt“,
erläutert Meinrad Handstanger, Vorsitzender des EBM-Beirats, die
Problemstellung.
Ein typisches Beispiel ist das zu enge Anlegen von Handfesseln
ohne Verletzungsfolge. Auch wenn eine solche Maßnahme keine
Körperverletzung darstellt, stellt sie eine Verletzung von Artikel 3
EMRK dar, insofern sie unter erniedrigenden Umständen erfolgt. Das
ist prinzipiell der Fall, wenn sie beim Opfer intensive Schmerzen
oder schwerwiegende Empfindungen der Angst, Unterlegenheit,
Erniedrigung oder Entmenschlichung bewirkt. „Derzeit wandern solche
Fälle nach Befassung der Staatsanwaltschaft automatisch zum
unmittelbaren Vorgesetzten bzw. zur Dienstbehörde des Beschuldigten –
die klarerweise keine geeignete Stelle im Sinne der EGMR-Judikatur
darstellt“, betonte Handstanger. Ganz generell erweist sich das
Verfahrensrecht der Disziplinarschiene als ungenügend. Handstanger:
„Ohne die Möglichkeit, Beweismittel bei Bedarf auch gegen den Willen
von Beschuldigten sicherzustellen, wird eine Untersuchung kaum das
Prädikat ‚wirksam‘ verdienen.“
Utl: Untersuchung nur durch geeignete und spezialisierte Stelle
„Der EGMR hat in seiner ständigen Rechtsprechung Kriterien für
die wirksame Untersuchung von Misshandlungsvorwürfen
herausgearbeitet, damit Staaten Fehlverhalten von Polizisten und
Polizistinnen erfolgreich ahnden und für die Zukunft präventiv wirken
können. Geeignete Ermittlungsstellen müssen unabhängig sein, über die
notwendige Fachkompetenz verfügen, rasch und gründlich ermitteln und
dabei die Betroffenen und die allgemeine Öffentlichkeit angemessen
einbeziehen“, führt Handstanger aus.
Die EBM wurde 2024 als spezialisierte und multiprofessionelle
Stelle genau für solche Fälle eingerichtet. Der EBM-Beirat regt nun
in seiner Empfehlung Nr. 3 die notwendigen Anpassungen an, um diese
menschenrechtliche Lücke zu schließen. „Die Untersuchung von
Misshandlungsvorwürfen muss jedenfalls von der speziell dazu
eingerichteten EBM geführt werden, sofern der Verdacht auf Folter,
eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung
durch Polizisten besteht“, schließt Handstanger.
Weitere Informationen und die vollständige Empfehlung des EBM-
Beirats sind abrufbar unter: https://www.bmi.gv.at/418/start.aspx.